Das Schicksal der Sophie M. (2)*

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2. Kapitel

Es ist 40 Minuten vor um Fünf am Nachmittag. Sophie machte sich auf den Weg zur Schule. Sie beeilte sich, denn sie wollte vor Thomas wieder weg sein. In der Hand hielt sie einen Brief.

17.00 Uhr: Thomas trudelte ein. Aber er sah keine Sophie. Nach 10 Minuten fand er einen Briefumschlag, auf dem sein Name „Thomas“ stand. Als er ihn öffnete, fiel ein Zettel heraus. Darauf stand: „Lieber Thomas, es tut mir leid, aber ich kann unser Date nicht einhalten. Bitte frage nicht, warum? Ich habe zur Zeit einfach zu viele Probleme. Bitte verzeihe mir. Küsschen, Sophie.“ Was sollte er denn davon halten? Er war traurig, enttäuscht, wütend und besorgt zugleich. Was war passiert? Hätte er die Adresse von Sophie, wäre er jetzt zu ihr gegangen. Aber er wusste nicht, wo sie wohnt. Er hatte nur so ein merkwürdiges Gefühl, dass irgendetwas vorgefallen sein musste. Nur was?

Am Montag trafen Aleks und Sophie in der Schule wieder aufeinander. „Was ist denn mit deinem Auge passiert?“, fragte Aleks ihre Freundin besorgt. „Ach nichts. Ich bin nur auf die Ecke vom Tisch gefallen. Es ist wirklich nichts“, winkte Sophie etwas verlegen ab. „Ist bei euch zu Hause alles in Ordnung?“, hakte Aleks weiter nach. Sie glaubte dieser Geschichte nicht. Schließlich brach Sophie in Tränen aus und gestand: „Es war schrecklich. Meine Mutter hat mich wegen der Fünf geschlagen, deshalb habe ich Thomas auch sitzengelassen. Sie war so wütend. Da bin ich einfach abgehauen. Gestern vormittag bin ich erst zurückgekommen. Als Strafe habe ich mir gleich wieder eine eingefangen. Sie ist so unfair.“ „Und was macht dein Vater dagegen?“ „Er weiß von nichts oder tut zumindest so, als würde er nichts mitbekommen. Ich getraue mich aber auch nicht, ihn darauf anzusprechen. Er würde mir bestimmt nicht glauben.“ „Mmh. Was hälst du davon, wenn ich meine Mutti frage, ob du eine Weile bei uns wohnen kannst?“, schlug Aleks vor. „Wirklich? Das wäre klasse. Oh Aleks, das ist so lieb von dir! Danke.“, fiel Sophie ihr um den Hals.

Die Mutter war einverstanden und so zog Sophie noch am gleichen Tag zu Aleks und ihrer Familie. Am Wochenende trafen sich die beiden Mädchen mit ihren Freunden Michael und Tony in der Disko. Es wurde ein sehr schöner Abend für alle und Sophie konnte ihre Probleme für eine kurze Zeit vergessen. Irgendwann nach Mitternacht begaben sich die Vier auf die Heimfahrt. Michael fuhr. Er war leicht angetrunken…

„Sie wacht auf“, hörte Sophie leise jemanden sagen. Die Stimme kannte sie nicht, aber sie klang besorgt. Langsam öffnete Sophie ihre Augen und sah eine Frau in einem weißen Kittel vor sich stehen. „Du hattest einen Unfall. Wie fühlst du dich? Hast du irgendwo Schmerzen?“, fragte sie. „Nein. Was? Unfall? Ich?“, stammelte Sophie erschrocken. Langsam kam ihr Bewusstsein zurück: Auf der Heimfahrt war das Auto in einer Linkskurve zu weit auf die andere Fahrbahnseite gekommen und in einen entgegenkommenden Laster geprallt. Aber was war mit ihren Freunden? „Wo sind Aleks, Tony und Michael? Wie geht es ihnen?“ „Beruhige dich, es wird gleich ein Arzt zu dir kommen“, sagte die Frau freundlich.

Nach einer gefühlten Ewigkeit kam schließlich der Arzt in Sophies Zimmer. „Du und dein Freund hattet großes Glück“, sagte er zu ihr. „Aber was ist mit Aleks?“, fragte Sophie beunruhigt. Der Arzt antwortete nicht sofort. Sophie merkte, dass etwas nicht stimmte. Tränen traten ihr in die Augen. „Es tut mir leid, aber ich muss dir etwas schlimmes sagen. Es geht um den Unfall. Deine Freundin Aleksandra und dein Freund Tony wurden dabei sehr schwer verletzt. Wir haben alles mögliche getan, um sie zu retten. Auf dem Weg ins Krankenhaus sind beide leider verstorben. Es tut mir so leid.“ Sophie war fassungslos. „Aleks und Tony sind tot? Das kann nicht sein. Das darf nicht sein!“ „Wir haben wirklich alles versucht.“ „Was ist mit Michael?“ „Er wartet draußen. Er ist unverletzt. Soll ich ihn reinschicken?“ „Ja“, kam es leise über ihre Lippen.

Kurze Zeit später stand Michael an Sophies Bett. Auch er hatte Tränen in den Augen. Die ganze Nacht hatte er geweint. „Wie geht es dir?“, fragte er sie mit brüchiger Stimme. „Ist es wirklich wahr, Micha? Der Arzt hat sich doch geirrt, als er sagte, dass Tony und Aleks tot sind?“ Er schüttelte leicht den Kopf. „Michael“, bohrte Sophie weiter. „Sage mir, dass sie leben. Sie werden gleich ins Zimmer zu mir kommen. Micha, bitte.“ Er trat zu ihr ans Bett und drückte vorsichtig ihre Hand. „Nein, es stimmt“, zwang er sich zu sprechen. „Es ist wirklich wahr.“ „Oh Gott, nein. Das kann doch nicht sein. Bitte!“ Dann lagen sich die Beiden in den Armen.


*Hinweis: Diese Geschichte habe ich vor kurzem beim Aufräumen wiedergefunden. Ich war gerade erst 14 Jahre alt, als ich sie geschrieben habe. Einige Vorkommnisse können daher etwas unlogisch bzw. unrealistisch sein. Ich selbst musste hin und wieder schmunzeln, als ich die Zeilen gelesen habe. Bevor sie ganz verloren gehen, stelle ich sie nun (inhaltlich) unbearbeitet in meinen Blog ein.

Damals gab es einige Todesfälle an unserer Schule, darunter auch zwei Selbstmorde. Darüber wurde natürlich viel geredet. Ich vermute, dass diese Ereignisse Einfluss auf meine Geschichten hatten.

Ich möchte trotzdem jedem dazu raten, sich Hilfe zu suchen und mit Experten über die eigenen Sorgen zu reden. Anlaufstelle kann beispielsweise die Telefonseelsorge sein. Tel.: 0800 / 1110111.

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